Sathmarer Schwaben

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Die Sathmarer Schwaben sind eine deutschsprachige Minderheit in Rumänien und vorwiegend im Kreis Satu Mare angesiedelt. Die deutschstämmige Bevölkerung aus den rumänischen Kreisen Bihor (vor allem in und um Großwardein), Sălaj und Maramureș wird ebenso dieser Volksgruppe zugeordnet. Drei sathmarschwäbische Dörfer liegen in Ungarn. Die Sathmarer Schwaben gehören zusammen mit anderen deutschsprachigen Minderheiten Südosteuropas der Gruppe der Donauschwaben an.

Die Sathmarer Schwaben sind Nachfahren von den im 18. Jahrhundert hauptsächlich aus Oberschwaben ausgewanderten Bauern. In den Jahren 1712 bis 1815 warben Graf Alexander Károlyi und seine Nachfahren Kolonisten aus dem Königreich Württemberg an. Viele Auswanderer stammten aus den heutigen Landkreisen Ravensburg und Biberach.

Geschichte

Sathmarer Wappen

Die ersten deutschen Siedler kamen bereits gegen Ende des 11. Jahrhunderts ins Sathmarland. König Andreas II. stellte 1230 den deutschen „Gästen“ von Sathmar „dilectis et fidelibus nostris hospitibus Teutonicis de Zathmar Nemethi“ einen Freibrief ähnlich dem Goldenen Freibrief der Siebenbürger Sachsen aus. Damals entstanden entlang der Samisch von Zillenmarkt (Zalău) bis Burglos (Dej) eine Reihe von deutschen Siedlungen, deren Bewohner sich ähnlicher Rechte und Freiheiten wie die Siebenbürger Sachsen erfreuten. Ebenso sind in den Bergwerksstädten Frauenbach (Baia Mare) und Mittelstadt (Baia Sprie) deutsche Siedler bestätigt. Wie aus Prozessunterlagen des Großwardeiner Bistums aus dem Jahre 1215 zu erkennen ist, gab es deutsche Siedlungen auch um Großwardein (Oradea). Um Großwardein waren auch die Vorfahren Albrecht Dürers beheimatet. Aus der Familienchronik des bekannten Kupferstechers und Malers ist zu entnehmen, dass sein Vater aus einem „Geschlecht geboren“ „nit ferr von einem kleinen stättlein, genannt Jula (Gyula), acht meil wegs unter Wardein, auß ein Dörflein zu negst darbej gelegen, mit namen Eytas. ..“ Die deutschen Einwohner dieser mittelalterlichen Siedlungen gingen jedoch im Laufe der Zeit in der anderssprachigen Bevölkerung auf. Die heute im Sathmarland, in den Kreisen Maramuresch, Bihor und Salasch lebenden Deutschstämmigen sind demnach nicht die Nachkommen dieser mittelalterlichen Siedler. Ihre Vorfahren wurden erst im 18. Jahrhundert in diese Gegenden gerufen. Die mittelalterliche deutsche Siedlung Sathmar erlosch als Folge von Assimilierung oder Überfällen von Tataren und später Türkenkriegen. Die Burg Sathmar wurde 1565 durch Lazarus von Schwendi als Generalkapitän der kaiserlichen Truppen in Ungarn neu errichtet. Der Begründer der neuzeitlichen deutschen Siedlung Sathmar ist Graf Alexander Károlyi.

Historischer Hintergrund
Nach dem Sieg des Prinzen Eugen von Savoyen in der Schlacht bei Zenta im Jahre 1697, der den Weg für den Frieden von Karlowitz (1699) bereitete, wurden die Grenzen zwischen dem Habsburgischen und dem Osmanischen Reich durch die Flüsse Theiß und Donau sowie Donau, Bosut und Save festgelegt.

Der Aufstand von Franz II. Rákóczi, der 1703 in Ungarn ausbrach und in dessen Verlauf die Kuruzzen nach Westungarn und in die Südsteiermark, ja sogar bis Wien vordrangen, fand 1711 mit dem Frieden von Sathmar sein Ende. Für die Aufständischen unterzeichnete ihn Rakoczis Stellvertreter Graf Alexander Károlyi, dessen Güter im ungarischen Komitat Sathmar verwüstet worden waren. Graf Alexander Károlyi und seine Nachfolger warben für die Wiederbesiedlung ihrer Güter Katholiken aus Oberschwaben an, vorwiegend aus den Landkreisen Biberach und Ravensburg. Auch nach dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges im Jahre 1714 besserte sich die wirtschaftliche Lage in Oberschwaben nur langsam. Auch wenn Oberschwaben zwischen 1707 und 1796 von unmittelbaren Kriegshandlungen verschont blieb: Missernten, Viehseuchen und die Kriege des 18. Jahrhunderts – der Polnische Thronfolgekrieg (1733–1735), die beiden Schlesischen Kriege (1740–1748) und der Siebenjährige Krieg (1756–1763) – belasteten die Bevölkerung immer wieder von neuem. Das Anerbenrecht in Oberschwaben, durch welches Höfe, Lehengüter und Selden ungeteilt an einen einzigen Erben weitergegeben wurden, sicherte zwar den Erhalt der landwirtschaftlichen Struktur mit einer großen Zahl mittel- und großbäuerlicher Höfe, hatte aber auch die Verarmung derer, die ausgesteuert wurden oder nur ein geringes Erbe erhielten, zur Folge. Schlechte Ernten und Viehseuchen, die zur Teuerung der Lebensmittel führten, taten den Rest.

Nach dem durch den Frieden von Sathmar 1711 beendeten ungarischen Kuruzzen-Aufstand (1703–11) begann 1712 eine planmäßige Ansiedlung deutscher Kolonisten aus Oberschwaben, jedoch nicht staatlich gelenkt, sondern durch die örtliche Magnaten-Dynastie der Károlyis. Graf Alexander Károlyi und seine Nachfahren riefen in den Jahren 1712–1815 Kolonisten aus dem damaligen Königreich Württemberg, hauptsächlich aus Oberschwaben ins Sathmarer Land, um das von Krieg, Naturkatastrophen und Epidemien entvölkerte Gebiet neu zu besiedeln.

Bereits einige Jahre vor dem ersten Banater Schwabenzug begann Alexander Károlyi seine Siedlungsaktion im Sathmarer Land. 1712 berief er die ersten Siedler aus Württemberg. 330 Familien, etwa 1400 Personen, folgten seinem Ruf. Der schlechten Wohnungsverhältnisse und des Ausbleibens der zugesagten Hilfsmittel wegen verließen nahezu tausend Personen das Sathmarer Land kurz nach ihrer Ankunft wieder. Von den 1400 Kolonisten blieben nur 450 zurück; davon überlebten etwa 250. Bereits 1720 erklärten sich einige der Siedler bereit, für Karolyi in Württemberg Neuauswanderer zu werben. Von diesem Jahr an verlief die Ansiedlung im Sathmarland durch die Grafen Alexander, Franz, Anton und Josef Károlyi erfolgreich. Größere Siedlergruppen kamen 1726 mit 181 Familien, 1737 mit 106, 1760 mit 58 und 1774 mit 83 Familien. Zwischen 1744 und 1751 gründete Baron Wesselenyi die alemannische Siedlung Kriegsdorf (Hodod), in die er aus Baden-Durlach und aus der Schweiz Familien evangelischer Konfession rief. In Batartsch (Bătarci) wurden hauptsächlich Zimmerleute und Waldarbeiter aus Budweis in Böhmen angesiedelt. Nach Glashütte (Poiana Codrului) kamen 1801 Glasbläser aus Österreich. In Palota und in Kreisch-Tarjan bei Großwardein wurden Schwaben und Pfälzer angesiedelt. Nach 1810, als die letzte schwäbische Gemeinde Terem gegründet wurde, ebbte die Kolonisation langsam ab. Eine Neukolonisation mit Siedlern aus Oberösterreich und Böhmen erfolgte erst wieder um 1910 in Großtarna und in Batartsch. Zwischen 1770 und 1780 warb der Ärar Bergarbeiter und Handwerker aus dem Salzkammergut, Oberösterreich und der Zips für die Salzbergwerke im Teresvatal an. Zwischen 1778 und 1790 zog ein Teil dieser Siedler, die aus Bad Ischl, Gmunden, Ebensee und Zips stammten, nach Oberwischau (Vișeu de Sus) und Pfefferfeld (Băile Borșa), wo sie als Holzarbeiter in den Staatswäldern und als Zimmerleute arbeiteten. Ihre Nachkommen, heute als Zipser bekannt, leben vor allem in Oberwischau, aber auch in Altwerk (Ocna Șugatag), Teutschau (Tjatschiw), Sighet (Sighetu Marmației) und Umgebung. Nach Frauenbach, Mittelstadt, Kapnik (Cavnic) und in andere Bergwerksorte der Maramuresch kamen zwischen 1773 und 1812 hauptsächlich aus Österreich und Bayern Förster, Bergwerker und Fachleute für das Bergwerkswesen. Bei diesen Ansiedlungen wurden teils neue Dörfer gegründet, teils rumänische und ungarische Ortschaften erweitert.

Die Siedler erhielten vertraglich Ackerboden, Wiesen und Wald unentgeltlich zur Nutzung, dazu Zugvieh, Getreide und Bauholz, und sie waren in den ersten Jahren von Steuern und Frondiensten befreit. Es wurde ihnen eine selbst gewählte Gemeindeführung gewährt. Nach Ablauf der Freizeit waren sie verpflichtet, fünf rheinische Gulden Grundsteuer zu zahlen, den Neunten oder Zehnten abzuführen, 15–16 Tage Frondienst zu leisten und die üblichen „Geschenke“ (Geflügel, Eier, Butter) an großen Feiertagen abzuliefern. Hatten die Siedler diese Pflichten erfüllt, so konnten sie das Gut verlassen. Die Sathmarer Schwaben waren folglich keine schollenpflichtige Leibeigene, sondern Erbuntertanen oder „Vertragsfronbauern“.

Revolution von 1848
Die Revolution von 1848 und die kaiserlichen Leibeigenschaftsaufhebungspatente der 1850er Jahre, die letzten Endes von der Revolution erzwungen worden waren, befreiten die Sathmarer Vertragsfronbauern von den feudalen Verpflichtungen und bewirkten einen großen ökonomischen Aufschwung sowie die Umstellung auf einen modernen Landwirtschaftsbetrieb.

Nach dem Zweiten Weltkrieg
Im September/Oktober 1944 begaben sich mehr als 3000 Sathmarer Schwaben unter dem Schutz der deutschen Wehrmacht auf die Flucht und ließen sich hauptsächlich in Süddeutschland, Österreich und den Vereinigten Staaten nieder. Die Mehrheit blieb jedoch in ihrer angestammten Heimat zurück. Von den Zurückgebliebenen wurden in den ersten Januartagen 1945 etwa 5000 Männer zwischen 17 und 45 Jahren und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren von Gendarmerie- und Militäreinheiten ausgehoben und zu Aufbauarbeiten in die Sowjetunion deportiert. Aufgrund des Dekrets Nr. 187/1945 der Regierung Rumäniens wurden Grundvermögen und Immobilien aller Deutschen enteignet. Deutschsprachige Schulen waren bis 1948 verboten. Infolge der allgemeinen Nationalisierung von 1948 wurden die Handwerks- und Industriebetriebe verstaatlicht. Die Kollektivierung der Landwirtschaft fand Mitte der 1950er Jahre statt. Die staatlich gelenkte Ansiedlung von Nichtdeutschen in und um sathmarschwäbische Ortschaften hat wesentlich zur Dezimierung der Sathmardeutschen sowie zur Erschütterung ihres geschichtlich gewachsenen Gemeinwesens beigetragen.

Siedlungsgebiet

Oder siehe interaktive Karte

Städte/Siedlungen

  • Sathmar
  • Groß Karol
  • Großwardein
  • Fienen
  • Beschened
  • Schöntal

Einwohnerzahl

1939
30.000

1992
14.000

2002
6.380

Weitere Informationen

Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben e.V.
Demokratisches Forum der Deutschen – Kreis Sathmar

Links/Quellen

https://de.wikipedia.org/wiki/Sathmarer_Schwaben